Zwischen Markt und Mondlandschaft

Bevor das nächste naht, hier mein Erlebnisbericht vom letzten Wochenende: Eines der touristischen Ziele im Norden von Quito ist der samstägliche Markt in Otavalo. Der Ort ist auch für seine indigenen Einwohner bekannt (logisch: Otavaleños), die seit jeher handwerklich geschickt Waren herstellen. Inzwischen ist vieles natürlich zu Massenware verkommen – aber ein wenig Ursprüngliches konnte ich doch entdecken, vor allem an den Menschen, die ihre Kleidung mit Stolz und Selbstverständlichkeit tragen.

Aber zurück auf Start: da ich mein erstes Abenteuer noch nicht so ganz allein wagen wollte, hatte ich noch in der Sprachschule den Ausflug nach Otavalo als Tagestour mit mehreren Stationen gebucht. Früh um sechs ging´s los, die Gruppe bestand aus fünf Schweizern und mir. Nach dem Frühstücksstopp (ich muss demnächst mal etwas übers Essen hier schreiben!) hielten wir an einem See am Fuße des Vulkans Imbaburra. Zu dieser frühen Stunde begrüßte uns nur ein Rudel Hunde und die Atmosphäre war eher trist. Sonst herrscht dort wohl durchaus Freizeitbetrieb. Immerhin ist dies einer der Seen, die mit Häusern umstanden sind und nicht so hoch liegen.

Der nächste Punkt war der Viehmarkt – ein wahrlich originales Treiben. Leider hat man als Tourist nicht so recht die Notwendigkeit, eine Kuh zu kaufen, aber interessant war´s trotzdem. Und das Lama habe ich dann später wenigstens en miniatur erstanden :-). Natürlich würden deutsche Tierschützer hier auch schon längst eingegriffen haben, aber davon unbehelligt konnten wir dem Einkauf des Mittagessens (Meerschweinchen) der Einheimischen zusehen.

Im Anschluss führte uns der Tourismus-Student (und Sohn des eigentlichen Tourführers – hat er aber gut gemacht) zu einem Wasserfall, der auch einmal im Jahr für rituelle Waschungen besucht wird. An diesem Tag liefen vor allem Schüler mit großen Müllsäcken herum, sie waren zum Subbotnik einberufen. Und der Felsvorsprung für die beste Fotoeinstellung war dauerbesetzt. Nun denn, trotzdem schön, und der Geruch der Eukalyptusbäume in der Luft war etwas Besonderes.

Die nachfolgenden Verkaufsveranstaltungen bei einer Weberin, Panflötenbauern und in einem für Lederwaren bekannten Örtchen waren eher dröge, drum freuten wir uns, als es zur Laguna Cuicocha, einem See im Vulkankrater ging. Die Landschaft in den Höhen wirkt auf mich immer irgendwie etwas karg und verlassen… In diesem See liegen drei Inselchen, die durch nachträgliche Vulkanausbrüche entstanden sind. Die Form von Meerschweinchen (= cuy) war namensgebend. Es fahren sogar Boote hin und her, aber ansonsten ist auf dem Wasser nichts los… Wir liefen ein kurzes Stück des langen Rundwegs und hatten Blick auf den Vulkan Cotacachi, der extra für uns sein Wolkenmäntelchen abgelegt hatte.

Nach einem späten Mittagessen durften wir dann endlich über den berühmten Markt schlendern, leider „begleitete“ mich unser Führer –  das tat meiner ohnehin nicht überschwänglichen Kauflaune nicht gut, ich fühlte mich beobachtet. Trotzdem erhandelte ich mir einen Turnbeutel in dezent-ecuadorianischer Streifenoptik, tatsächlich eine gute Zwischengröße zwischen Rucksack und Handtasche, die mir hier fehlte.

Da ich schon vorher angekündigt hatte, nicht mit nach Quito zurückzukehren, war der Fahrer des Kleinbusses so nett, mich noch zum Busbahnhof zu bringen (und in den richtigen Bus zu verfrachten), so dass ich gegen Abend in Ibarra eintraf. Auf dem Weg zu meinem Hostel kam ich mir sehr verwegen und abenteuerlich vor, so ganz allein in einem fremden Ort. Die Reservierung hatte aber geklappt und mir ein etwas schabbeliges 8-Bett-Zimmer zur alleinigen Nutzung beschert. Für 12 Dollar sollte man aber auch nicht mehr erwarten. Im Hof vernahm ich deutsche Stimmen und siehe da, gleich hatte ich eine Verabredung mit zwei deutschen Backpackerinnen für den späteren Abend in einer Rockkneipe.

Das Abendessen musste ich aber erstmal selber erlegen, äh, entdecken. Mit einem großen Bier gings gleich viel besser. Der Abend wurde dann tatsächlich sehr nett, die Mädels hatten noch zwei Ecuadorianer im Schlepptau, die ebenfalls auf einem Wochenendausflug waren. Da mein Spanisch noch immer nicht für eine passable Unterhaltung reicht, hörte ich mehr zu – aber als die Rockband (eine vierköpfige Truppe jugendlicher Einheimischer) anfing, war eh kein Wort mehr zu verstehen. Es war ein Spaß, der Gesang des Frontmanns war noch verbesserungswürdig, aber egal. Um halb eins fiel ich dann in eines meiner Betten.

Am nächsten Morgen unternahm ich den Spaziergang durchs Ortszentrum, zu dieser Zeit noch etwas verschlafen (wir beide, das Zentrum und ich). Ganz hübsch, aber einen Tagesausflug nicht zwingend Wert (wie der Reiseführer meinte). Immerhin fand in sämtlichen Kirchen Gottesdienst statt und bei meiner Stippvisite in der Kathedrale kam ich pünktlich zum Friedensgruß – ich gestehe, das hat mich angerührt. Bevor ich meinen Rucksack aus dem Hostel holte, machte ich noch Zwischenstopp beim Tischler. Der ältere Herr hatte mich schon auf dem Hinweg nett gegrüßt und dem Schild „Carpinteria“ konnte ich einfach nicht wiederstehen. 😉 Eine sehr einfache Werkstatt, aber geht doch. Einen kurzen Wortwechsel bekam ich auch hin, ich glaube, er war etwas irritiert, dass ich dann auch noch Fotos machen wollte.

Auf dem Weg zum Busbahnhof erlebte ich dann noch echtes Leben, der Sonntag ist hier zwar heilig, was aber nicht bedeutet, dass die Geschäfte geschlossen haben müssen. Es herrschte reges Treiben, Touristen waren nur am fein restaurierten Bahn(!)hof zu sehen, von dem aus aber auch wieder nur Touri-Strecken bedient werden.

Ich fuhr zurück nach Otavalo (den Bus kannte ich ja nun schon), und wollte unbedingt noch einen anderen Vulkansee sehen, an dem man auch Wandern hätte können, die Lagunas de Mojanda. Der Taxifahrer meinte, es kostet $12, mich dorthin zu bringen, aber wie ich zurückkäme, könne er nicht sagen (wenig Leute, keine Taxis, kein Handyempfang). Egal, ich wollte hin und ließ mich in rasantem Tempo die Kopfsteinpflasterpiste hinaufgondeln. Der Weg und die sich verändernde Landschaft waren beeindruckend.
Oben angekommen wieder ein wenig Mondlandschaft (aber auch toll) mit einem großen See, der sogar so etwas wie Strand aufwies (aber wieder niemand auf dem Wasser). Tatsächlich waren einige Leute und Autos dort. Aber meine Unsicherheit siegte und ich bat den Fahrer, etwas zu warten. Während ich am Ufer entlanglief, kam die Sonne raus und ich wäre doch gern länger geblieben und ein wenig gewandert… Nu ja, ist nicht immer alles perfekt (hier verabschiedete sich auch mein Kameradisplay!). Allerdings kam das dicke Ende, als er mich am Marktplatz von Otavalo rausließ und dann $30 für die ganze Tour haben wollte. Leider war ich sprachlich nicht in der Lage, zu argumentieren, dass er ja sonst ohne Bezahlung hätte zurückfahren müssen. Ich merke mir: lieber vorher nochmal nach dem Gesamtpreis fragen… (In Deutschland wäre diese Taxitour natürlich ohnehin viel teurer gewesen, also allet jut.)

So hatte ich aber noch Gelegenheit, bei Sonne erneut über den Markt zu schlendern, diesmal mit Muße und vor allem fast gänzlich unbehelligt von den Verkäufern (die schliefen alle hinter ihren Ständen 😉 ). Nach einem Kaffee und kleineren Einkäufen suchte und fand ich den Bus zurück nach Quito. Schön, einen Ort zu haben, zu dem man „zurückkehren“ kann.

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