Traditionen und andere Merkwürdigkeiten

Das Bergfest unserer Reise ist unbemerkt vorübergegangen (bestimmt haben wir unbewusst ein Bier darauf getrunken), die Hälfte der Beachvolleyball-Camp-Zeit ist nun auch schon rum. Die Nachrichten aus Europa und der Ukraine lassen unser Paradies hier noch unwirklicher erscheinen. Wir lesen mit Sorge, was geschieht, können aber doch so wenig daran ändern… Also nehmen wir die Zeit hier als besonderes Geschenk wahr und nutzen sie!
Natürlich vor allem, um unsere Spielfähigkeiten zu verbessern. Wir haben schon zweimal eine Stunde mit dem Coach trainiert (er verdient nur damit sein Geld hier und organisiert trotz allem Einiges an Programm und Spielen). Bei den Mitspielern sind wir zwar keine bevorzugten Teampartner, aber da müssen die durch 🙂 Und tatsächlich zeigen sich erste Erfolge, wir stellen keine ganz so krasse Behinderung auf dem Feld mehr da, manchmal gelingen sogar die Bälle, Annahmen und Zuspiel. Peter, bzw. Piotr, hat einen besonderen Ehrgeiz entwickelt, dass Marek wenigstens einmal ein Match gewinnen soll. Dafür ist er sogar höchstselbst mit ihm aufs Spielfeld gezogen, leider ist es dann doch nur 1:2 in Sätzen ausgegangen (er konnte also nicht alle von Mareks Fehlern ausgleichen, hat aber auch selbst welche fabriziert!).
Mein steiler Aufstieg ist gerade leider komplett ausgebremst, da ich an beiden Füßen unter einem Zeh eine offene Blase habe (wahrscheinlich von meinen Flipflops). Immerhin konnte ich die pochende Entzündung mit Jodsalbe beseitigen. Aber nun will ich die bloßliegenden, suppenden Stellen weder dem Sand noch dem Salzwasser aussetzen. Und selbst wenn ich es mit Pflaster und Verband schaffen würde, die Haut dort zu schützen – allein das Laufen und Belasten der Stellen tut so weh, dass ich es nicht aushalte. ;-( So humpele ich momentan mit Pflaster, Socken und Turnschuhen durch den weichen Sand. Ich bin maximal frustriert und sehe die „wertvolle“ Trainings- und Spielzeit nutzlos verstreichen.
ABER die traumhafte Kulisse von der Sonnenliege aus zu genießen und noch ein bisschen über unsere Erlebnisse zu berichten, ist natürlich auch eine schöne Beschäftigung! Und das Essen bleibt lecker, die Leute nett (am Sonntag sind einige abgereist und neue hinzugekommen), die abendlichen Partys lustig und Massagen und Yoga-Stunden gehen auch mit doofen Füßen.

Einige wenige Erlebnisse unserer bisherigen Reise passten noch nicht in die Kategorien, sollen aber nicht unerwähnt bleiben:

In Kandy (wie jeder weiß, ehemalige Königsstadt inkl. Tempelanlage mit dem Backenzahn Buddhas) erlebten wir die Kandy-Dancers, eine Aufführung in traditionellen Kostümen und mit ohrenbetäubendem Getrommel und teilweise Gepfeife und Gesang. Gekrönt von Feuerschluckern und dem Gang über Scherben und glühende Kohlen. Ursprünglich dem König vorbehalten, zeigen sie sich nun hauptsächlich den Touristen, treten aber wohl auch auf heimischen Festen auf. Schön hier mal wieder die Google-Translater-Beschreibungen auf dem Programm-Beipackzettel: „Traditioneller Tanz, Er Zeight die Bewegungen des Elefanten pfauen schmetterlings um die Gewohnheiten, zu demonstrieren.“ Oder auch „Kandytanz in bunter Tracht wird Bestimmten Bewegungen in steigendem Rhythmus“

In keiner Reportage über Sri Lanka fehlt die Erwähnung der Zuglinien und Züge, die – einst von den Engländern eingeführt – ein durchaus geeignetes und vielbenutztes Fortbewegungsmittel sind. Dabei stören die Einheimischen weder das Ruckeln auf den eingleisigen Strecken, noch die undurchschaubaren Fahrpläne oder die überfüllten Abteile. Für die Touristen gilt die Fahrt als Abenteuer und ermöglicht die Betrachtung der Berglandschaften und mit Teeplantagen bedeckten Hänge, in unserem Fall wohlorganisiert durch die Reiseagentur (unser Fahrer und Guide musste daher leider 2,5 Stunden mit uns auf den verspäteten Zug warten, um dann zeitgleich die Strecke mit dem Wagen zurückzulegen und uns am Bahnhof wieder in Empfang zu nehmen). Vor allem aber ist die Fahrt für alle Instagram-Nerds ein Muss. In unserem Fall hopste und trötete eine besonders durchgeknallte Gruppe von Russen durch den Waggon, deren auffälligstes weibliches, durchaus nicht mehr junges Mitglied sich sogar während der Fahrt vom knallroten Hosenanzug noch in einen Traum aus rosa Taft umkleidete. Ziel der Aktionen sind Fotos, auf denen man aus den offenen Türen des Zuges in möglichst eleganten oder akrobatischen Posen heraushängt, natürlich während der Fahrt! Zwar ist die Reisegeschwindigkeit überschaubar, die Vegetation rechts und links des Weges und unzählige Fels- und Tunnelwände kommen aber sehr nahe und haben wohl schon manches Handy (und manchen Touristen?) auf der Strecke gelassen. Wir haben in ironischer Abwandlung ein paar Aufnahmen während eines Stationshaltes gemacht und ansonsten die Fahrt über gehofft, dass nichts passiert, was Flecken macht.
In diesem Zusammenhang ist auch die Besichtigung der Nine-Arch-Bridge (Neun-Bogen-Brücke) zu erwähnen. Eine durchaus beeindruckende Steinkonstruktion vom Ende des 19. Jahrhunderts, über die auch unser Zug gefahren war. Nach einem steilen und rutschigen Fußweg durch den Dschungel gelangt man als Fußgänger an und auf die ungesicherte Brücke. Das heißt, alle Touris laufen auf den Gleisen herum, über die Brücke hinweg und gelegentlich stellen sie sich auch in ihren Flipflops auf die breite Steinbrüstung (siehe wieder Instagram-Wahn). Ich weiß nicht, ob und wann man den Zug kommen hören oder sehen würde (die Brücke liegt in einer Kurve) und ob zwischen Brüstung und Gleisen genug Platz wäre, sich unverletzt an den Rand zu drücken – aber ich wollte es auch nicht miterleben! Daher bat ich um schnelles Verlassen der Szenerie, die üblichen Beweisfotos hatten wir schnell geschossen.

Den Bus als schnelles und vor allem extrem günstiges Verkehrsmittel haben wir inzwischen auch ausgetestet, ein Abenteuer für sich. Sitzen wir im richtigen Bus? Ist er schon so voll, dass man nicht mehr hineinkommt? Wird die rasante Fahrt unter wildem Hupen für uns und andere unfallfrei ausgehen? Steigen wir an der richtigen Haltestelle aus? Und überhaupt, woran erkannt man eine solche? Wir haben schon vermutet, dass es jahrhundertealte Energiepunkte sind, die nur aus Überlieferungen übermittelt werden, sich dem uneingeweihten Reisenden jedoch nicht zu erkennen geben. Naja, ab und zu gibt es doch ein Schild, eine Art Wartehäuschen oder eine bestimmte Straßenmarkierung, aber es erscheint uns willkürlich. Die Fahrt an sich ist auch ein Erlebnis, der Bus ist bunt bebildert, außen und innen, auch an der Decke. Chromglänzende Haltestangen ergänzen sich mit plastiküberzogenen, Mickey Maus bedruckten Sitzbänken. Und über dem Fahrersitz blinken und baumeln möglichst viele Buddhas und andere Figuren. Das Highlight einer Fahrt war die unablässig laut(!) dudelnde Popmusik mit sri-lankischen Einschlag (wahrscheinlich um die Motor- und Hupgeräusche zu übertönen). Nach einer Stunde hatten wir unser Ziel erreicht und waren betört und betäubt.

So berauscht haben wir uns dann das Weltkulturerbe der Stadt Galle angesehen: die Portugiesen bauten ein Fort mit mächtigen Mauern und Wällen, die Holländer kamen als nächste und bauten Häuser im Kolonialstil und die Engländer hatten nach der Verlegung ihres zentralen Hafens nach Colombo keine Motivation mehr, etwas daran zu ändern. So blieb ein geschlossenes Ensemble erhalten, in dem sich inzwischen Hotels, Restaurants und Souvenirläden breit gemacht haben. Eine Welt für sich, wir genossen endlich mal einen guten Kaffee, schlenderten durch die Straßen, kletterten bei Bruthitze auf die Umfassungsmauern, saßen einen Gewitterguss im Restaurant aus und tingelten durch die Läden, um Mitbringsel und Andenken zu kaufen. Erstaunlicherweise ist hier zwar sicher nicht alles landestypisch und hochwertig, aber das Angebot in den Läden war doch abwechslungsreich und nicht nur Kitsch.
Auf unserer Rundreise waren wir ja schon anderen typischen Produkten begegnet. Wir wurden in einen Edelsteinladen geschleust, wo wir nach einem kurzen Video über den Saphir-Abbau und einem Blick in Vitrinen mit Funkelndem aus aller Welt, im Verkaufsraum doch endlich sagen sollten, was uns gefällt – wobei wir das NATÜRLICH nicht kaufen würden müssen. Wir haben uns mit einer kleinen, feinen Sonderanfertigung aus der Affäre gezogen.
Im Textiloutlet (oder von mir auch Seiden-KIK genannt) wurden wir in Sarong und Tuch gewickelt und entsprechend fotografiert. Auch hier sind wir um einen kleinen Einkauf nicht herumgekommen. Wer uns in Zukunft besucht, wird eins unserer Sofakissen im Sri-Lanka-Design bewundern können.
Außerdem absolvierten wir den Programmpunkt „Spice Garden“, bei dem wir beide eher einen Blick auf die Ursprungspflanzen der Küchengewürze vermuteten. Es waren jedoch auf Ayurveda-Behandlungen ausgelegte Kräuter und Gewürze, trotzdem – oder deswegen – sehr interessant und lehrreich. Wer weiß schon, wie die Kardamom-Kapsel am Baum aussieht oder die Muskatnuss, solange sie noch ungetrocknet in ihrer Schale versteckt ist. Hier shoppten wir gern und hätten Lust, uns noch mehr mit dem Thema der ayurvedischen Behandlungen und Prinzipien zu befassen. Aber nicht mehr auf dieser Reise…
Im Reigen der Gewürze darf natürlich der Ceylon-Zimt nicht fehlen. Er wird von den Ästen der Zimt-Bäume geschält, dann getrocknet und rollt sich in der bekannten Form. Gemahlen kennen wir ihn alle, außerdem gibt´s noch Zimtöl, was angeblich Mücken fernhält – ich werde das gleich mal testen. Testobjekte sirren hier in Scharen herum, ob sie das abschreckt??? Vom Resultat schreibe ich beim nächsten Mal – jetzt ist nämlich Schluss für heute.

Ein Gedanke zu „Traditionen und andere Merkwürdigkeiten“

  1. Liebe Juliane, ich bin auch ganz sicher, dass ihr unbewusst ein Bier drauf getrunken habt :-))) und freue mich wirklich sehr darüber, dass ihr kein Hindernis auf dem Spielfeld mehr seid. Toll…. Wir sollten mal spielen.

    So schade, dass ihr unbemerktes Bergfest hattet… um so mehr freue ich mich ja ganz egoistisch drauf, dass ihr bald wieder da seid.

    Ich drück euch beide und freue mich immer von euch so spannende Sachen zu lesen 🙂

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