Lago Titicaca

Endlich mal eine Nachtbusfahrt, auf der ich recht gut schlafen konnte und somit „nur“ früh aufwachen musste, um gegen halb sechs am Morgen am Busbahnhof von Puno auszusteigen. Nachdem ich mein großes Gepäck bei einer Agentur untergestellt und die Bahnhofsduschen genutzt hatte, ging es mit einem Touranbieter aufs Schiff und auf den weiten, höchstgelegenen See: Lago Titicaca.

Da meine Reiseliteratur mich bereits vor touristisch geprägten Inselerlebnissen gewarnt hatte, empfand ich alles als gar nicht soo schlimm: den ersten Stopp auf den schwimmenden Inseln der Uros fand ich durchaus interessant. Vom Festland vertrieben nutzt diese Bevölkerungsgruppe das im See wachsende Schilf, um Flöße bzw. Wohninseln zu bauen, die von oben immer wieder mit neuem Schilf bedeckt werden, da das nasse Material unten wegfault. Das Schilf dient auch zum Bau der Hütten und Boote und ist sogar essbar. Eine kleine Rundtour auf dem Schilfboot war kontemplativ.
Die von den Touristen besuchten Inseln dienen nur noch dem Showeffekt (beim Laufen gibt der Boden übrigens überall ein bisschen nach, lustiges Gefühl), aber auf der Rückfahrt sahen wir noch größere Siedlungen der Uros, die immer noch im Schilfgürtel leben.

Unsere Truppe auf dem Boot bestand aus einer größeren Gruppe Spanischer Touris, einigen anderen südamerikanischen Reisenden und zum Glück zwei weiteren Mädels aus Deutschland. Wir unterhielten uns gut und ich hatte wieder angenehme Gesellschaft. Außerdem konnten wir gemeinsam feststellen, dass die Aussagen des Tourguides zum Zeitpunkt unserer Rückkehr am nächsten Tag nie eindeutig waren (weder auf Deutsch noch auf Spanisch – ich hätte ja sonst gedacht, dass mit MIR was nicht stimmt 😉 ).

Auf der nächsten Insel wanderten wir auf steilen Pfaden bis zum Dorfplatz, wo die strickenden Männer(!) herumsaßen und man natürlich ihre Produkte kaufen konnte. Auch wenn sicher Manches für die Besucher inszeniert war, merkt man doch, dass alte Traditionen dahinter stehen, die von den Menschen auch noch gelebt werden. Endlich gab es Mittagessen, uns hing schon der Magen durch und die Stimmung drohte zu kippen.
Das Boot holte uns an einem anderen Ankerplatz ab – allerdings fehlte nun eine Familie an Bord. Die waren wohl ob der Anstrengung mit ihrem kleinen Sohn wieder umgekehrt und warteten am Ankunftshafen. Wir mussten eine Extra-Runde drehen und der Reiseleiter kam ins Schwitzen.

Mit allen Reisenden wieder an Bord ging es bei heftigem Seegang und drohender Gewitterwand im Rücken zu unserer Übernachtungsinsel Amanti. Dort sollten wir bei einheimischen Familien übernachten. Spontan baten wir den Reiseleiter, uns drei Deutsche gemeinsam unterzubringen. Da die Touristen nach einem sehr fairen Rotationsprinzip verteilt werden, war uns der kurz aufkommende Unmut und die Diskussion nicht ganz erklärlich. Aber es klappte und wir folgten gemeinsam unserer fein herausgeputzten Gastmutter zu ihrem Haus. Auf den Inseln gibt es keinen motorisierten Verkehr und nur spärliche Landwirtschaft. So präsentierte uns die Hausherrin (nachdem sie sich wieder in ihre Alltagsklamotten geworfen hatte) ihre Strickarbeiten und wir waren so brav, auch etwas davon zu kaufen.

Die nächsten zwei Stunden verbrachten wir – da unser Küchen-Assistenz-Angebot abgelehnt wurde – in den einfachen, aber sauberen Gästezimmern. Es wurde kühl und dunkel und ich war sehr froh darüber, nicht alleine da zu sitzen! Zum Abendessen wurden wir in den Küchen-Esszimmer-Anbau gerufen, einfache Lehmwände, zum Teil offenes Feuer, der Dreijährige Sohn spielte auf dem blanken Fußboden. Aber insgesamt hatten wir den Eindruck, dass diese Familie kein schrecklich armes Leben führen muss. Immerhin konnte ich mit der Gastgeberin ein wenig auf Spanisch plaudern, das Essen war einfach, aber sehr lecker und der Kleine wurde zutraulich.
Am Abend stand Musik und Tanz in traditioneller Kleidung (auch für die Touristen) auf dem Programm. Uns graulte! War dennoch eine ganz nette Veranstaltung, die auch früh beendet wurde, da am nächsten Tag die Erwanderung des Inselberges am frühen Morgen anstand.

Die Nacht war kühl, aber nicht eiskalt, und vor allem seeeehr still. Schlafen konnte ich trotzdem nicht sehr gut und um 5.15 Uhr klingelte der Wecker. Immerhin bekamen wir einen Kaffee mit Milch(!), bevor wir uns an den Aufstieg machten. In einer Höhe von 3.800 m mal wieder ein atem(be)raubender Spaziergang. Die Aussicht von der Hügelspitze, auf der schon die alten Kulturen ein Heiligtum erreichtet hatten, über den Titicaca-See und die Umgebung lohnte jedoch die Mühe. Zurück in der Gastfamilie gab es lecker Frühstück mit Pfannkuchen und Schmalzgebäck (oder so).

Nachdem die Spanier noch ihre mitgebrachten Schreibwaren in der Grundschule übergeben durften (inklusive Kindergesang und ein paar Dankesreden) fuhr uns das Schiff zurück nach Puno. Wir genossen Fahrtwind und Sonne. Den restlichen Tag in der Stadt verbachte ich mit den beiden anderen beim Essen und Pisco Sour trinken. Ziemlich beschwipst kehrte ich früh ins Hotel zurück und ging schlafen. Endlich mal über 10 Stunden Nachtruhe!

Leider habe ich mir nun endgültig eine fiese Erkältung eingehandelt, die ich dann samt meinem Gepäck am Mittag zum Busbahnhof mitnahm. Die Busfahrt Richtung La Paz, Bolivien, führte über den Bolivianischen Grenzort Copacabana, der ebenfalls am Titicacasee liegt. Nach erfolgreicher Aus- und Einreise, Geldwechsel, Pipipause und Buswechsel ging es bei Sonnenuntergang über dem See weiter. Unerwartetes Nervenkitzel-Highlight war noch die kurze Überfahrt bei Mondlicht über einen Ausläufer des Sees, bei der fast alle Passagiere aus dem Bus ausstiegen, um in kleineren Booten überzusetzen. Da ich nicht wusste, worum es ging, verblieb ich mit einigen Schlafenden im Bus und wurde auf einem großen Fährfloß im heftig schwankenden Bus transportiert, aaaaah! 🙁

Was mich nach der Ankunft in La Paz erwartete und wie ich endlich mit Inga zusammentreffen konnte – das erzähle ich beim nächsten Mal. Es wird bolivianisch!

 

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